Geplante Obsoleszenz – sind wir selbst schuld?

An meiner Digitalkamera schließt der Deckel für das Akkufach nicht mehr richtig, weil ein winziges Kunststoffstück abgebrochen ist (siehe Bild). An meinem Computer-Monitor ist der An-und-Aus-Schalter abgegangen, weil er nur mit zierlichen Plastikstiften am Gehäuse befestigt war. Und das Laufrad unserer Kinder ist irreparabler Schrott, nur weil am Hinterrad ein Kunststoffteil zerbrochen war. In allen drei Fällen ging das Produkt kurz nach Ablauf der Garantie kaputt. Da frage ich mich natürlich, ob Hersteller solche Defekte planen und absichtlich in ihre Produkte einbauen?

Obsoleszenz ist normal – oder beabsichtigt?

Schon 1932 hatte der us-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Bernard London vorgeschlagen, die Lebensdauer von Produkten künstlich zu verringern, um die Nachfrage nach neuen Produkten zu fördern. Man spricht in diesem Zusammenhang von geplanter Obsoleszenz. Obsoleszenz bedeutet einfach nur, dass Produkte altern und irgendwann kaputt gehen. Geplante Obsoleszenz dagegen ist eine vom Hersteller absichtlich in das Produkt eingebaute Eigenschaft, die es schneller als notwendig zerstört.

Murks? Nein danke!

Der Betriebswirt Stefan Schridde beschloss vor drei Jahren, der Sache nachzugehen, und gründete den Verbraucherschutzverein „Murks? Nein danke!“. Er kämpft gegen geplante Obsoleszenz und setzt sich für nachhaltige Produktqualität ein. Unter „murks-nein-danke.de“ kann jeder Murks bei Produkten melden und dadurch öffentlichen Druck auf die Hersteller ausüben. Ziel ist nicht nur, eine längere Lebensdauer von Produkten zu erreichen, sondern auch, notwendige Reparaturen zu erleichtern, einfacher Ersatzteile zu bekommen und die Wiederverwertung defekter Geräte zu ermöglichen.

Geplante Obsoleszenz oder normaler Verschleiß

Leider kann man Herstellern eine geplante Obsoleszenz nur schwer nachweisen. Eine aktuelle Untersuchung der Universität Bonn und des Öko-Instituts in Freiburg im Auftrag des Umweltbundesamtes kommt sogar zu dem Zwischenergebnis, dass es keinen allgemeinen Trend für eine kürzere Lebensdauer von Produkten gibt. Das Kernproblem ist, dass man geplante Obsoleszenz, normalen Verschleiß und sinnvolle Sollbruchstellen kaum voneinander abgrenzen kann. Wegen der vielen Belege und einer Studie von Stefan Schridde sowie aufgrund meiner eigenen Erfahrungen bin ich mir aber sicher, dass viele Hersteller einen vorzeitigen Verschleiß ihrer Produkte beabsichtigen.

Psychologische Obsoleszenz

Die Studie des Umweltbundesamtes weist auch noch auf eine andere Problematik hin: Die meisten Verbraucher kaufen neue Geräte (wie Fernseher oder Smartphones), bevor die alten kaputt sind. Man spricht in diesem Zusammenhang von psychologischer Obsoleszenz, weil der Neukauf nicht aus technischen Gründen erfolgt (wie einem irreparablen Defekt oder fehlenden Ersatzteil), sondern beispielsweise aus Gründen der Ästhetik oder von Statusdenken. Vor allem Smartphones werden häufig gekauft, weil das neue Gerät schicker aussieht oder beeindrucken soll. Die Zeiten sind vorbei, als ein Fotoapparat eine Anschaffung fürs Leben war und ein Telefon über Jahrzehnte genutzt wurde. Heute ist es nicht ungewöhnlich, sich spätestens nach zwei Jahren ein neues Gerät zu kaufen.

Sind wir selbst schuld?

Sind wir durch unser Konsumverhalten also letztlich selbst schuld, wenn das Geräte schneller als notwendig kaputt gehen? Wenn die Kunden keinen Wert auf langlebige Produkte legen, haben die Hersteller auch keinen Grund, langlebige Produkte herzustellen. Aber Verbraucher müssen sich auf eine solche Obsoleszenz-Spirale nicht einlassen und können beim Kauf und Betrieb von Computern, Fernsehern oder Mobiltelefonen auf Nachhaltigkeit achten. Lassen sich wichtige Teile wie Akkus oder Speichermedien austauschen? Können die Geräte mit zusätzlichen Komponenten oder aktuellerer Software nachgerüstet werden? Lässt sich ein defektes Produkt reparieren?

Lange Lebensdauer schont die Umwelt

Grundsätzlich ist es in der Regel umweltschonender, die Lebensdauer eines Geräts zu verlängern, als ein neues zu kaufen. Wegen des Energie- und Materialaufwands bei der Herstellung gilt das sogar dann, wenn das neue Gerät weniger Strom verbraucht. Deshalb nutze ich meine Digitalkamera und meinem Computer-Monitor trotz der oben beschriebenen Macken weiter. Und ich überlege mir vor jedem Neukauf, ob ich ein Gerät tatsächlich brauche, und ob es eine möglichst lange Lebensdauer hat.

Lesen Sie dazu mehr: Umweltfreundliche Elektronik

Internet-Seiten über Obsoleszenz:
Murks melden: www.murks-nein-danke.de/
Studie von Stefan Schridde: www.murks-nein-danke.de/blog/studie/
Studie des Umweltbundesamtes: www.umweltbundesamt.de/publikationen/